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„Man muss offen bleiben für den Zufall“ (Dieter Oesterhelt, Biochemiker und Preisträger des Lasker-Awards, Die Zeit, September 2021)
Forschungsfragen und Fortschritte in der Medizin speisen sich wesentlich aus den Bereichen der Grundlagenforschung und aus klinischer Beobachtung an Patientinnen und Patienten. Denken Sie zum Beispiel an Alexander Flemming, der am Montag feststellte, dass in seinem Labor auf einer Petrischale im Bereich einer Kontamination mit Schimmelpilzen keine pathogenen Bakterien wuchsen – der Startpunkt für die Erforschung und Entwicklung des Penicillins, für den es den Nobelpreis für Medizin gab! Wie leicht wäre es gewesen, die kontaminierte Petrischale einfach frustriert in den Mülleimer zu werfen, was Flemming glücklicherweise und zum Segen der Menschheit nicht getan hat.
Wenn es stimmt, dass nur etwa 5% der Patientinnen und Patienten, die hausärztlich betreut werden, im Laufe ihres Lebens in eine Universitätsklinik eingewiesen werden müssen, dem Ort, an dem wir gemeinhin die Bearbeitung klinisch-wissenschaftlicher Fragestellungen verankern, bedeutet es doch, dass die ganz überwiegende praktisch-klinische Erfahrung als möglicher Ausgangspunkt für wissenschaftliche Fragestellungen, von den Universitäten, also überregional gerade nicht genügend zur Kenntnis genommen wird bzw. werden kann. Dies dürfte sowohl für häufige als auch für die grosse Zahl seltener Erkrankungen gelten, für die es besonders schwer ist, doppelblinde randomisierte prospektive Studien aufzulegen.
Die ungewöhnlichen, unter Umständen «überraschenden» klinischen Beobachtungen von Ärztinnen und Ärzten in der Praxis bleiben deshalb viel zu oft unbeachtet und gehen mit dem Ausscheiden aus dem Beruf in aller Regel verloren. Jeder, der schon einmal eine Kasuistik in einem medizinischen Fachjournal publiziert hat, weiss, wie zeitaufwendig diese Arbeit ist – eine Zeit, die der Praxisalltag den wenigsten Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung stellt.
Warum braucht es diese Website?
Deshalb braucht es eine einfache und niederschwellige Möglichkeit, klinische Beobachtungen zu bewahren und überregional abrufbar zu machen. Dies mit dem Ziel, dass die eine oder andere überraschende Beobachtung Ausgangspunkt für wissenschaftliche Fragestellungen und Überprüfungen und damit für den medizinischen Fortschritt sein könnte. Aus den genannten Gründen wurde die Webseite «Klinische Beobachtungen in der Praxis» konzipiert. Besonders interessant sind hierbei folgende Beobachtungen:
- Ungewöhnliche Ausprägung einer Krankheit
- Ungewöhnlicher Verlauf einer Krankheit
- Neue Assoziationen von Krankheiten oder Krankheitssymptomen
- Überraschendes therapeutisches Ansprechen einer Krankheit
- Ungewöhnliche und / oder unerwartete Nebenwirkungen einer Therapie
- Diagnose und Therapie einer neuen Krankheit
- Beobachtungen, die zum besseren Verständnis der Pathogenese einer Krankheit betragen können
Durch das Projekt „Klinische Beobachtungen in der Praxis“ soll der direkte kollegiale Erfahrungsaustausch untereinander sowie innerhalb von Qualitätszirkeln weder ersetzt werden, noch ist es als Gegenentwurf zum bestehenden QM-System gedacht. In Ergänzung zum regionalen Erfahrungsaustausch zielt es vielmehr auf überregionale Kenntnisnahme und auf die Vergrösserung der bisherigen klinischen Datenlage. Die Website sortiert die klinische Beobachtung nach Fachgebiet und/oder Diagnose, Therapie sowie allgemeinen Beobachtungen. Die dahinter gelegte Datenbank erlaubt eine Abfrage nach verschiedenen Filtern sowie im Volltext und lässt erkennen, wer die Beobachtung gemacht hat und in welchem Zusammenhang.
Wichtig ist:
- Zugriff auf die Website über PC, Pad-PC oder Handy haben nur Ärztinnen und Ärzte
- Nur Ärztinnen / Ärzte dürfen ihre Beobachtung niederschreiben.
- Die Ärztin / der Arzt tragen mit ihrem Namen und ihrer Email-Adresse Verantwortung für den publizierten Text.
- Die Autorenrechte (Text- und Bildmaterial) verbleiben bei den Autorinnen und Autoren.
- Die persönliche Beobachtung der Ärztin / des Arztes kann Ausgangspunkt oder Teil einer späteren wissenschaftlichen Publikation sein.
- Die Website ist frei von Werbung und verfolgt keinerlei finanzielle Interessen.
Helfen Sie mit, damit Ihre klinischen Beobachtungen nicht verloren gehen. Sie könnten in der Zukunft Teil des medizinischen Fortschritts werden.
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